
Arti et Amicitiae, Amsterdam 2016
Das Allgemeine trotz des Besonderen – so definierte der Mathematiker und Theosoph M. H. J. Schoenmaekers (1875-1944) das Konzept der Gruppe De Stijl. Die Notwendigkeit, Anfang des 20. Jahrhunderts das Allgemeine hervorzuheben, wurde von den nicht mehr relevanten Darstellungsgrundsätzen der traditionellen Formensprache geprägt. Unter dem Allgemeinen versteht man das Anliegen der Gruppe De Stijl, eine neue Formensprache zu erarbeiten, die auf der Variation von wenigen elementaren Prinzipien des bildnerischen Gestaltens (neue Gestaltung), beruhte.
Nach 100 Jahren De Stijl, im Zeitalter des totalen Relativismus ist es nicht mehr überzeugend, das Allgemeine über das Besondere triumphieren zu lassen. Nicht bezwungen werden vom Größten, dennoch gefangen sein vom Kleinsten – eine Definition, die das Unternehmen der Künstlergruppe Rhythm Section erklärt. Der grundlegende Zug, der die Künstler der Gruppe Rhythm Section in ihren Werken verbindet, liegt im reflektierten Umgang mit dem Rhythmus. Rhythmus erweist sich dabei nicht als Zwang, sondern als eine ursprüngliche Konstante. Der klare (bewusste) Umgang mit dem Rhythmus ermöglicht eine unendliche Vielfalt individueller Variationen.
Die markante Verbindung zwischen De Stijl und Rhythm Section sehe ich im ursprünglichen Umgang mit dem Rhythmus. Wenn De Stijl das allgemeine Fundament für die Form des Rhythmus in der bildenden Kunst gelegt hat, ist diese Form durch Rhythm Section an das Kleinste gebunden.
Die Suche nach der wahren Malerei ist das, was ich von Piet Mondrian und De Stijl gelernt habe. Der Kern der wahren Malerei liegt nicht im Abbild, sondern im Ursprung des Malens. Vor 100 Jahren war es ein zentrales Anliegen von Mondrians Malerei, die Emanzipation des Rhythmus zu vollziehen und das ist auch heute das zentrales Anliegen meiner Malerei. Für Piet Mondrian lag der Ursprung des Malens vor 100 Jahren im Gestalten der Fläche, für mich liegt der Ursprung des Malens heute im Anbringen von Farben auf Flächen. Vor 100 Jahren war für Piet Mondrian der Rhythmus in der Malerei ein Gestaltungselement der Fläche, heute ist der Rhythmus in der Malerei für mich ein Gestaltungselement der Bewegung.
Oleksiy Koval, München, Mai 2016
Besonderen Dank an Prof. Bernhard Lypp, Veronika Wenger und Michael Wright für die Unterstützung bei der Realisierung dieses Textes